[New Commerce]

KEP-Fahrzeuge: Halten bleibt ein Problem

Von Carla Werst­erheide

Der November und Dezember sind die arbeits­reichsten Monate für KEP-Dienste. Menschen bestellen ihre Weih­nachts­ge­schenke im Internet und lassen sie sich liefern, meist bis zur Haustür.

Der Bundes­ver­band Paket & Express­lo­gistik (BIEK) rechnet mit 445 Millionen Sendungen, die allein in diesen zwei Monaten in Deutsch­land an Privat­haus­halte gelie­fert werden.

Um das zu bewerk­stel­ligen, stellten Paket­dienst­leister in diesem Jahr rund 30.000 zusätz­liche Arbeits­kräfte ein und schi­cken bis zu 25.000 Fahr­zeuge extra auf die Straße.

Das erhöht das Verkehrs­auf­kommen in den Innen­städten noch einmal zusätz­lich. Dabei wissen Kommunen oft schon in Zeiten mit einem gerin­geren Sendungs­vo­lumen nicht, wie sie KEP-Dienste und Liefer­fahr­zeuge besser in den Verkehrs­fluss inte­grieren können.

Es gibt gute und schlechte Beispiele, sagt Jonas Kremer, CEO des Lasten­rad­her­stel­lers Citkar. „Sehr gut gelöst ist es gerade da, wo es spezi­elle Anlie­fer­zonen gibt, die teil­weise mit Pollern abge­grenzt sind. Diese kann ein KEP-Fahrer dann beispiels­weise mit einer Fern­be­die­nung runter­fahren, wenn er den Park­platz braucht. Und dann gibt es aber auch das genaue Gegen­teil, wo Stra­ßen­räume verklei­nert wurden und gar keine legalen Halte­mög­lich­keiten mehr da sind“, sagt der Berliner. Auch neue oder soge­nannte Pop-up-Radwege führten dazu, dass es weniger Halte­mög­lich­keiten für Liefer­fahr­zeuge gäbe, fügt er hinzu. Mangels Alter­na­tiven parken diese dann in zweiter Reihe oder blockieren Rad- und Fußwege.

Immer mehr Pakete

Feste Halte­mög­lich­keiten für Paket­fahrer, soge­nannte Liefer­zonen, fordert der BIEK schon lange. Denn auch abge­sehen von den arbeits­rei­chen Winter­mo­naten steigt das Paket­vo­lumen weiter an.

Im vergan­genen Jahr wurden in Deutsch­land 4,05 Milli­arden Pakete ausge­tragen. Das sind durch­schnitt­lich 49 Pakete pro Einwohner. 2016 waren es laut BIEK noch 38 Sendungen pro Kopf.

Aller­dings beinhaltet diese Zahl auch Pakete für Geschäfts­kunden. Werden B2B- und C2B-Sendungen außer Acht gelassen, kommen hier­zu­lande für 2020 rein rech­ne­risch immer noch 30 Pakete pro Person zusammen.

Die Münchener erhalten mit 73 Sendungen im Jahr pro Einwohner die meisten Pakete deutsch­land­weit. Das geht aus dem neuesten Kompen­dium zur „Regio­nalen Vertei­lung des KEP-Sendungsvolumens“ des BIEK hervor. Auf Platz zwei und drei landen demnach die Stutt­garter mit 72 und Düssel­dorf mit 70 KEP-Sendungen pro Einwohner in 2020. Bei den Bundes­län­dern führen Hamburg mit 64, Bayern mit 54 sowie Baden-Württemberg und Hessen mit je 52 Sendungen pro Einwohner die Tabelle an. Tendenz steigend.

Foto: iStock

Vor allem Groß­städter ordern fleißig

KEP-Sendungen je Einwohner nach Bundes­land 2020

  • Hamburg 64 64% 64%
  • Bayern 54 54% 54%
  • Baden-Württemberg 52 52% 52%
  • Hessen 52 52% 52%

KEP-Sendungen in ausge­wählten Städten 2020 in Mio.

  • Berlin 170 100% 100%
  • Hamburg 120 70% 70%
  • München 110 64% 64%

Quelle: BIEK/KE-Consult

Die Politik ist gefragt

Laut Kremer, der neben seiner Tätig­keit als Lasten­rad­her­steller auch Fach­vor­stand Politik des Radlo­gis­tik­ver­bands Deutsch­land (RLVD) ist, müssten Städte komplett neu gedacht und im Zuge dessen Paket­dienste und andere Wirt­schafts­ver­kehre besser mit einbe­zogen werden. Etwa durch die Einrich­tung der gefor­derten Halte­buchten, aber auch durch die Bereit­stel­lung von Flächen für Mikro­de­pots. So könnten mehr Sendungen mit dem Lastenrad beför­dert werden, sagt Kremer. Denn „man kann wirt­schaft­lich mit Lasten­rä­dern auslie­fern“. Aller­dings nur, wenn etwa die Größe des Liefer­ge­biets ange­passt werde. Das Zustell­ge­biet eines Trans­por­ters könnte mit einem Rad nicht abge­deckt werden. Deswegen brauche es unter anderem Flächen, um die Pakete an dezen­tralen Punkten umzuladen.

„Man kann wirt­schaft­lich mit Lasten­rä­dern ausliefern.”

Jonas Kremer, CEO und Gründer von Citkar
Noch vor der Bundes­tags­wahl hatte der RLVD die großen Parteien um Stel­lung­nahme gebeten. Zum Beispiel dazu, ob die Einrich­tung von Mikro­de­pots in Zukunft geför­dert wird, um den Radlo­gis­tik­ver­kehr zu stärken, und ob lang­fris­tige Förder­pro­gramme für die dezen­tralen Umschlag­punkte ange­dacht sind.

Die Parteien sind sich einig, dass die Förder­pro­gramme zumin­dest weiter­ge­führt werden sollten. Nur die FDP will sich dazu erst nach der Evalu­ie­rung der derzei­tigen Programme fest­legen, hält eine Fort­füh­rung aber für möglich. Die Ände­rung der Bauge­setz­ge­bung scheint hingegen eher unwahr­schein­lich. Während Die Grünen eine Novel­lie­rung befür­worten, um im Rahmen der Städ­te­bau­för­de­rung die Erstel­lung von Wirtschafts- und Gewerbeflächen­entwicklungs­konzepten zu stärken, sehen andere Parteien die Instru­mente, die Kommunen schon jetzt für die Vergabe von Flächen haben, als ausrei­chend an.

Möglich­keiten schaffen

Laut Kremer müssen die Weichen für den Wandel der Innen­stadt­lo­gistik von der Politik gestellt werden. Egal, ob auf natio­naler oder auf kommu­naler Ebene. Nicht nur durch Förde­rungen. Es könne schon viel erreicht werden, wenn im Rahmen des Mobi­li­täts­wan­dels weniger Autos in den Innen­städten fahren und parken. Dann gäbe es Platz für mehr Grün­flä­chen sowie für Liefer­zonen oder sogar Mikrodepots.

„Wir können nicht alles von heute auf morgen lösen“, sagt Kremer. Es brauche Test­phasen für neue Auslie­fer­mo­delle, bei denen die sozialen Aspekte für Stadt und Fahrer sowie die Wirt­schaft­lich­keit, den Service und die Infra­struktur eine entschei­dende Rolle spielten. Einfach alle Pakete nur noch mit dem Rad zuzu­stellen, sei keine realis­ti­sche Option. Aber ein Blick in die Nach­bar­länder zeige, dass es Möglich­keiten gäbe, Liefer­ver­kehre besser und umwelt­freund­li­cher ins Stadt­bild zu inte­grieren. Etwas, das er sich auch für Deutsch­land wünscht.