[Smart City]

City­lo­gistik ist kein Selbstläufer

Kommunen sollten sich stärker mit Steue­rung des städ­ti­schen Güter­ver­kehrs befassen.

von Robert Kümmerlen

Kommunen sollten sich stärker mit Steue­rung des städ­ti­schen Güter­ver­kehrs befassen.
Foto: iStock

Die urbane Logistik wird bei der städ­te­bau­li­chen Planung von Politik und Verwal­tung in Metro­pol­re­gionen oft zu wenig beachtet. Das ist der Eindruck von Prof. Uwe Clausen, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Mate­ri­al­fluss und Logistik in Dort­mund. Konzepte für Logistik und Mobi­lität waren im September Thema beim Zukunfts­kon­gress Logistik.

Zu den wesent­li­chen Heraus­for­de­rungen der städ­ti­schen Logistik gehört es für Clausen unter anderem, nega­tive Auswir­kungen durch Lärm und Emis­sionen auf Gesund­heit, Sicher­heit und Umwelt zu vermeiden, die Auslie­fe­rung auf der letzten Meile zu verbes­sern sowie das Verkehrs­fluss­ma­nage­ment zu opti­mieren. In Europa gibt es einige Städte, die wegwei­sende Projekte auf den Weg gebracht haben, wie Oslo, Barce­lona und Houten.

In Oslo wurde die Innen­stadt voll­ständig für Autos gesperrt, wodurch die Emis­sionen deut­lich gesenkt wurden. Anlie­fe­rungen werden mit Elek­tro­mo­bi­lität erle­digt. In Barce­lona wurden Wohn­blöcke zu Super­blocks zusam­men­ge­führt und die Zahl der Autos um 60 Prozent redu­ziert. In Houten wurde die Radver­kehrs­in­fra­struktur ausge­baut. In allen drei Städten stiegen durch die Maßnahmen die Umsätze der inner­städ­ti­schen Unter­nehmen und der Gastronomie.

Für die Innen­stadt­lo­gistik hält Clausen lang­fristig auto­ma­ti­sierte Fahr­zeuge für geeig­nete Trans­port­mittel. Für deren Einsatz müsste die Logis­tik­branche gemeinsam mit Stadt­ver­tre­tern die Voraus­set­zungen und tech­ni­schen Rahmen­be­din­gungen wie Daten­schnitt­stellen und Kommu­ni­ka­ti­ons­in­fra­struktur defi­nieren. Ferner sei bei der Planung beispiels­weise von Stand­orten für Mikro­de­pots die Nähe zur letzten Meile entschei­dend. „Europas ­Städte sind im Wandel und Zentrum von Inno­va­tion. Dabei darf Wirt­schafts­ver­kehr nicht vergessen werden“, betont der Insti­tuts­leiter. Das berge zudem Chancen, dem Klima­wandel entgegenzuwirken.

Dass die Logistik mitunter von Kommunen nicht ausrei­chend bedacht und geplant wird, bemän­gelt Chris­tian Jacobi, geschäfts­füh­render Gesell­schafter des Bera­tungs­un­ter­neh­mens Agiplan. Grund­sätz­lich müssten die Inter­es­sen­ver­treter aus Wirt­schaft, Politik und Gesell­schaft mit ihren unter­schied­li­chen Ansprü­chen und Erwar­tungen in Sachen urbane Logistik besser in den Dialog kommen. „Logistik ist nicht in allen Städten als rele­vant aner­kannt“, beob­achtet Jacobi. Infol­ge­dessen würden mitunter nicht genü­gend Flächen zur Verfü­gung gestellt. „Das macht es dann schwer.“ Auch sei das Image der Logistik bei Städten und den Bürgern oftmals nicht positiv.

Es kommt laut Jacobi vor, dass Viertel geplant werden, ohne den Wirt­schafts­ver­kehr zu berück­sich­tigen. „Wie kann das passieren?“, fragt sich der Geschäfts­führer, der zudem den Themen­kreis urbane Logistik der Bundes­ver­ei­ni­gung Logistik leitet. Städte müssten Mobi­lität von Personen und Gütern gewähr­leisten. Der Themen­kreis hat daher ein Manual erar­beitet, das allen ­Stake­hol­dern die Heraus­for­de­rungen dieses Themen­felds nahe­bringt und den Dialog fördern soll.

Ein wesent­li­cher Grund, sich mit der Steue­rung des städ­ti­schen Güter­ver­kehrs ausein­an­der­zu­setzen, sei die Zunahme des Paket­sen­dungs­vo­lu­mens. Ansonsten seien mehr Liefer­fahr­zeuge und Flächen­ver­brauch mit den entspre­chenden Folgen für den Verkehrs­fluss sowie höhere Kosten und stei­gende Emis­sionen die Folge. „Es gibt viele Lösungen für die letzte Meile“, unter­streicht Jacobi. „Doch diese müssen intel­li­gent kombi­niert werden und zu den jewei­ligen Stand­orten passen.“ Die Anfor­de­rungen seien in der Innen­stadt andere als am Stadt­rand oder im Umland. Jacobi begrüßt in dem Zusam­men­hang, dass immer mehr Städte einen Ansprech­partner für die Logistik benennen. Dieser müsse aller­dings auch mit Kompe­tenz und Befug­nissen ausge­stattet sein.

Städ­ti­sche Logistik wird von einem weiteren Aspekt geprägt, auf den Steven van Cauteren von der Frach­ten­börse Timocom hinweist: das Konsum­ver­halten und die Erwar­tungs­hal­tung der Verbrau­cher. Darauf reagieren nämlich die Logis­tik­dienst­leister mit entspre­chenden Services wie taggleiche Liefe­rung. Das führt zu kleinen Sendungs­vo­lumen und mehr Verkehren. Auf der mitt­leren Meile habe zwar jedes Unter­nehmen tech­ni­sche Systeme, um die Verkehre und Trans­port­aus­las­tung zu opti­mieren. Auf der letzten Meile sei dies aller­dings nicht mehr durch­ge­hend der Fall.

Van Cauteren hält es künftig auch nicht mehr für ange­messen, dass Liefe­rungen und Rück­sen­dungen für B2C-Empfänger kosten­frei sind.

Städ­te­ran­king

Hamburg ist nach einer Unter­su­chung des Digi­tal­ver­bands Bitkom die smar­teste Stadt in Deutsch­land. Auf dem zweiten Platz liegt München, gefolgt von Dresden, das enorm aufge­holt hat. An vierter Stelle liegt Köln. Es folgen Stutt­gart, Nürn­berg, Aachen, Bochum, Düssel­dorf und Darm­stadt. In den Smart City Index sind auch die Zahl von Mikro­hubs und die Umset­zung alter­na­tiver Zustell­kon­zepte eingeflossen.